Retouren schaden der Ökobilanz des Online-Handels
Der Online-Handel hat in den vergangenen Jahren einen enormen Boom erlebt. Im Internet zu shoppen, ist bequem und nicht selten auch günstiger – aber ist es auch ökologischer als klassisch im Geschäft einzukaufen? Letzteres behaupten die Online-Händler gerne. Ihre Argumente: Das Kaufhaus oder auch der kleine Laden müssen das ganze Jahr über aufwändig klimatisiert werden. Ware wird nicht nur gelagert, sondern auch entpackt und präsentiert, dann wieder verpackt. Und womöglich fährt der Kunde auch noch mit dem Auto hin.
Aber so einfach ist die Sachlage nicht. Für einen echten Vergleich müssen auch Einkaufsverhalten, die logistischen Anstrengungen des Handels und der Zulieferer miteinander verglichen werden. Sehr viele Faktoren spielen bei der Beurteilung eine Rolle. Je nach Geschäftsmodell der Online-Händler und den berücksichtigten Wegen zum Einzelhändler – zu Fuß, per Fahrrad, mit dem Nahverkehr oder mit dem Auto – ändert sich der CO2-Ausstoß. Die Ergebnisse entsprechender Studien liegen zwischen einem um 32 Prozent geringeren und einem um 240 Prozent höheren Ausstoß im Vergleich zum stationären Handel. Die meisten Studien gehen aber davon aus, dass der Online-Handel der Umwelt mehr schadet als der stationäre.
Zwar können Transportunternehmen ihre Ladungen und Routen besser planen als private Einkäufer. Andererseits gibt es bei den Online-Einkäufen einen klaren Trend zu individuelleren Lieferungen mit immer kürzeren Lieferzeiten und Wunsch-Uhrzeiten. Das führt zu mehr Lieferverkehr, was sich negativ auf die Umweltbilanz auswirkt. Ein weiteres Problem: Rund ein Viertel der Zustellungen an die Endkunden schlägt beim ersten Versuch fehl – weil der Empfänger nicht zu Hause ist und keinen Ablageort angegeben hat. Circa 18 Prozent der Besteller müssen ihre Lieferung danach selbst bei der Filiale des Paketdienstes abholen. Die dadurch entstehenden Wege verschlechtern die Öko-Bilanz deutlich.
Was aber noch schwerer wiegt: Angesichts des Angebots der kostenfreien Rücksendung gehen sehr viele Pakete als Retoure an den Händler zurück – allein in Deutschland schätzungsweise ein Viertel Milliarde Pakete im Jahr. Besonderes davon betroffen ist der Kauf von Bekleidung im Internet. Hier liegt die Rückgabequote bei über 50 Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass manchmal die zurück geschickte Neuware nach Eingang sogar vernichtet wird, weil es für den Online-Händler zu aufwändig ist, die Funktionsfähigkeit der Ware zu überprüfen und sie neu zu verpacken. Ohnehin kommen im Versand selten Mehrweg-Behälter oder Standardverpackungen zum Einsatz. Üblich sind Einwegsysteme mit hohem Ressourcenverbrauch.
Keine Frage, der Trend zum Online-Shopping und zu Einkaufszentren am Stadtrand schadet dem Handel in den Innenstädten. Viele Geschäfte verschwinden, die Zahl der Autofahrten für Einkäufe nimmt zu, die Strecken werden länger – was schlecht für die Umwelt ist. Im Sinne des Klimaschutzes und für den Erhalt der lokalen Infrastruktur sollte man daher nur Dinge online kaufen, die nicht im Laden in der Nähe erhältlich sind. Ein weiterer Tipp: Wenn online einkaufen, dann möglichst im Rahmen von Sammelbestellungen, Spontaneinkäufe im Internet gilt es dagegen zu vermeiden. Als bevorzugte Zustellvariante sollte "Standard" oder "Normal" gewählt werden. Express- oder Prime-Dienste führen zu zusätzlichen Belastungen für die Umwelt. Und noch eine Empfehlung: bei den Online-Anbietern sollten Händler vor Ort bevorzugt werden. So stärkt man die Geschäfte in der Nähe auch mit einer Online-Bestellung.
Besonders unfair, aber auch ökologisch schlecht ist dagegen das Verhalten jener Verbraucher, die mit dem Auto in die Stadt fahren, um sich in einem Geschäft über Produkte zu informieren oder Kleidung anzuprobieren und später dann online bestellen.
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